Bunt und Partizipativ? Oder eher restriktiv?
Online sollen Vorhaben wie Public Viewing für zehntausende Fans und schwarz-rot-goldene Fahnenmeere–Erinnerungen an das „Sommermärchen“ 2006 wecken. Zielgruppe sei ein “bunt gemischtes Publikum – von Familien bis Party People”. Willkommen seien auch “künstlerische und kulturelle Darbietungen”. Das Heiligengeistfeld als eine riesige Party mit Bockwurst und Bier, in dem Fans aller teilnehmenden Nationen gemeinsam feiern – der freundliche Patriotismus einer weltoffenen Hansestadt: tolerant, offen und nachhaltig. Wirklich? Studien legen schon lange nah, dass Rassismus und Xenophobie gerade im Rahmen solcher Veranstaltungen nicht etwa ab-, sondern zunehmen. Soweit nichts Neues. Doch wer ist willkommen auf den Fan-Zone? Wer darf sich künstlerisch und kulturell beteiligen, und unter welchen Bedingungen?
Der Vertrag zwischen der Freien und Hansestadt Hamburg und dem mächtigen, profitorientiertem Verband UEFA wurde ohne Beteiligung der Öffentlichkeit ausgehandelt. Teil des Vertrages bzw. Auflage der UEFA ist das sogenannte “Clean-Site” Prinzip. Es gewährleistet u.a. dem Sponsor adidas, dass konkurrierende und nicht offiziell anerkannte Marken auf der Fan-Zone nicht präsent sind. Davon restriktiv betroffen sind jedoch gemeinnützige Projekte wie das der Fair Trade Stadt Hamburg. Denn: Das vom Team anlässlich der EURO 2024 konzipierte politische Straßentheater zu den katastrophalen Arbeitsbedingungen in der Sportartikelbranche wäre zu kritisch für die Fan-Zone, da wir ausschließlich für fair produzierte Bälle sensibilisieren! Ein Fußballturnier mit fairen Bällen ist daher auch nicht möglich, da adidas noch immer keine fairen Bälle führt und das “Clean-Site” so Fairtrade-Fußbälle unmöglich macht! Auch unser Fußball-Aktionszelt mit einer Mini-Ausstellung zum Fairen Handel im Fußball wäre mit dem “Clean-Site” nicht umsetzbar. Adidas oder andere Sponsoren haben hier (zu)viel Macht und sie lassen keine Kritik zu! Alles höchst schwierig, unter diesen restriktiven Bedingungen vernünftige Bildungs- und Sensibisierungsarbeit zu leisten. Für das Team der Fair Trade Stadt ist klar: Eine Beteiligung auf der Fan-Zone kommt leider unter diesen Limitationen nicht in Frage. Und der bittere Nachgeschmack bleibt. Denn eine kritische, künstlerische und unabhängige zivilgesellschaftliche Auseinandersetzung mit der EURO 2024 und den intransparenten Lieferketten und Heile-Welt Versprechen der UEFA und seiner Sponsoren scheint nicht erwünscht.
Jedoch gibt es doch eine positive Nachricht innerhalb dieser schwierigen Gemengelage: die bergmanngruppe, die maßgeblich für die Umsetzung der Fan-Meile zuständig ist und hierfür Nachhaltigkeitskriterien entwickelt hat, hat dankenswerterweise den Fairen Handel ganz klar in Stellung gebracht für die Fan-Zone: […”Orangen, Bananen, Avocados, Schokolade, Kaffee und Tee dürfen nur mit einem Fair-Trade-Siegel angeboten werden, z.B. WFTO, Fairtrade, Naturland FAIR, Fair for life…”]. Das ist auch in diesem Papier dokumentiert. Auch soll ein digitales Tool für die Prüfung, Freigabe und Kontrolle zur Verfügung gestellt werden. Da sind wir sehr gespannt. Die Links zum Tool liegen uns vor. Wir werden uns das dann zu gegebener Zeit genauer anschauen. Die Frage, die dann auftaucht…Faire Limonaden sind bestimmt auch nicht erlaubt, weil Coca-Cola den Lead hat, oder?