Wir brauchen ein Lieferkettengesetz – Wir bekommen ein Lieferkettengesetz!
Am 1. Januar 2023 trat das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) in Kraft. Ein Novum, weil Unternehmen erstmalig verpflichtet werden, Menschenrechtsverletzungen entlang ihrer Lieferketten zu prüfen. Zunächst waren nur Unternehmen mit mehr als 3.000 Beschäftigten betroffen, seit dem 1. Januar 2024 folgten Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten. Dies beinhaltet zurzeit ca. 3600 Unternehmen in Deutschland (Statista 2020).
Gleichzeitig machte sich die Initiative Lieferkettengesetz weiter für ein EU-weites Gesetz stark. Mit Erfolg! Am 24. Mai 2024 hat der Rat der Europäischen Union endgültig die EU-Lieferkettenrichtlinie (Corporate Sustainability Due Diligence Directive – CSDDD) verabschiedet, kurz: das EU-Lieferkettengesetz. Damit hat die EU den Paradigmenwechsel bestätigt: weg von freiwilliger Unternehmensveranwortung, hin zu gesetzlichen Regeln. Die CSDDD ist damit ein großer Fortschritt für den Schutz von Menschenrechten und der Umwelt in den Wertschöpfungsketten großer Unternehmen.
Dennoch sind wir als Mitunterstützerin der Initiative Lieferkettengesetz enttäuscht über die teilweise Abschwächung, zum Beispiel bei den Sorgfaltspflichten für den Finanzsektor oder dem Klimaschutz, die der Richtlinientext während des zweijährigen Erarbeitungsprozesses erfahren hat, sowie über die Enthaltung der Bundesregierung im Rat. Die Initiative Lieferkettengesetz hat sich als zivilgesellschaftliches Bündnis von mehr als 130 Organisationen für wirksame Lieferkettengesetze in Deutschland und der EU eingesetzt. Das Ziel war es, Menschen, Umwelt und Klima vor den schädlichen Auswirkungen wirtschaftlichen Handelns zu schützen.
Vorallem gab es schon vorher Kritik an der Bundesregierung, da das LkSG zu viele Lücken aufweist und sie das EU-Lieferkettengesetz maßgeblich abschwächen will. Aus diesem Grund wurde am 6. Dezember 2022 eine Petition mit mehr als 90.000 Unterschriften an das Bundeskanzleramt übergeben – scheinbar unzureichend.
Positiv am EU-Lieferkettengesetz ist…
Die Richtlinie leitet in der EU einen dringend notwendigen Paradigmenwechsel ein: Weg von rein freiwilliger Corporate Social Responsibility hin zu verbindlichen menschenrechtlichen und umweltbezogenen Vorgaben für Unternehmen:
- EU-weit sind Unternehmen fortan verpflichtet, ihre negativen Auswirkungen auf die Menschenrechte und die Umwelt zu untersuchen, zu vermeiden, zu beenden und ggf. wiedergutzumachen (Sorgfaltspflichten).
- Unternehmen haften für Schäden, die sie durch Verstöße gegen ihre Sorgfaltspflichten mitverursacht haben.
- Unternehmen sind verpflichtet, einen Klimaplan aufzustellen und umzusetzen.
Die Richtlinie setzt am Anfang der Lieferkette an, wo oft die größten Probleme bestehen: Gemäß CSDDD müssen Unternehmen bei der verpflichtenden Risikoanalyse den Anfang der Lieferkette proaktiv und systematisch einbeziehen. Denn die meisten Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden finden am Beginn der Lieferkette statt, zum Beispiel in Bergwerken oder auf Plantagen. An diesem Punkt ist die CSDDD deutlich besser als das bereits geltende deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG). Gemäß LkSG müssen Unternehmen eine Risikoanalyse am Anfang der Lieferkette nur dann durchführen, wenn sie bereits „substantiierte Kenntnis“ über eine mögliche menschenrechtliche Verletzung erlangen.
Wir können von Glück und Geschick sprechen, dass es die belgische Ratspräsidentschaft geschafft hat, dennoch eine qualifizierte Mehrheit für dieses Vorhaben zu bekommen – auch ohne Deutschland.
Denn ein strenges Lieferkettengesetz ist auch ein wichtiger Schritt für den Fairen Handel (in Hamburg).
Hier geht es zur Website der Initiative mit weiterführenden Informationen und Materialien.