Fairer Handel und die SDGs

Was sind die SDGs?

Im September 2015 verabschiedeten die Vereinten Nationen die UN-Nachhaltigkeitsziele, die Sustainable Development Goals (SDGs), zur Sicherung einer nachhaltigen Entwicklung weltweit. Dabei handelt es sich um 17 Ziele, die durch 169 Unterziele konkretisiert werden und bis 2030 weltweit erreicht werden sollen. Die SDGs sind das Kernstück der “Agenda 2030” und Leitlinie für eine Zukunft, die frei von Armut und Hunger ist und in der alle Menschen Zugang zu Bildung und medizinischer Versorgung haben. Auch Umwelt- und Klimaschutz sind Teil der SDGs. Die Umsetzung dieses Zukunftsvertrags ist freiwillig. Die SDGs sind ein Gerüst, das verschiedene Akteure – Regierungen, Nichtregierungsorganisationen, Wirtschaftsakteur:innen und Bürger:innen – mit Leben füllen müssen.

Was haben die SDGs mit dem Fairen Handel zu tun?

Die SDGs greifen viele der Prinzipien und Forderungen auf, die der Faire Handel schon seit mehr als 50 Jahren lebt. Hierzu gehören z.B., die Bekämpfung der weltweiten Armut, Bildungschancen für alle, Geschlechtergerechtigkeit, nachhaltige Produktion, menschenwürdige Arbeitsbedingungen, gerechte Bezahlung und Schutz der Ökosysteme. Das heißt, es bestehen sehr viele Zusammenhänge zwischen den SDGs und den Grundsätzen des Fairen Handels. Der Faire Handel zeigt in der Praxis, dass eine gerechtere Welt möglich ist. Er leistet einen wichtigen Beitrag, um die Ziele für eine nachhaltige Zukunft zu erreichen.

SDG 1 – Armut in allen ihren Formen und überall beenden

Der Faire Handel hilft, Armut zu überwinden, indem er für seine Partner:innen im Süden faire Handelsbedingungen schafft: Dazu gehören faire, existenzsichernde Löhne und verlässliche Preise, die das Einkommen der Produzentinnen und Produzenten erhöhen. Durch den Fairen Handel erhalten die Kleinproduzent:innen außerdem Zugang zum Markt. Langfristige Handelsbeziehungen geben Stabilität und Perspektive, sodass die Partner in ihre Zukunft investieren können.

SDG 2 – Den Hunger beenden, Ernährungssicherheit und eine bessere Ernährung erreichen und eine nachhaltige Landwirtschaft fördern

Kleinbäuer:innen mit weniger als zwei Hektar Land liefern nach wie vor 70 Prozent der Nahrungsmittel weltweit. Die Kleinproduzent:innen brauchen ein stabiles und langfristig planbares Einkommen, um in ihre Betriebe investieren zu können und langfristige Lebensmittelsicherheit für ihre Familien zu erreichen. Hier setzt der Faire Handel an, indem er die Produzent:innen bei der Umsetzung nachhaltiger Anbaumethoden unterstützt, ein sicheres und stabiles Einkommen gewährleistet und den Aufbau starker Organisationen fördert und den Bäuer:innen den Zugang zu Märkten und Krediten erleichtert.

SDG 5 – Geschlechtergerechtigkeit und Selbstbestimmung für alle Frauen und Mädchen erreichen

60 bis 80 Prozent aller Lebensmittel weltweit werden von Frauen produziert. Frauen in der Landwirtschaft machen in ärmeren Ländern einen Anteil von bis zu 70 Prozent der Arbeitskräfte aus. Nach Angaben der FAO (Food and Agriculture Organisation) kann die Zahl der Hungernden weltweit um 150 Millionen verringert werden, würde man Geschlechterungerechtigkeit endlich überwinden. Der Faire Handel legt besonderen Stellenwert auf die Förderung von Frauen (Empowerment, Schulungen), damit diese sich gleichberechtigt an der Landwirtschaft beteiligen können, Arbeiterinnen auf Plantagen gerechte Löhne erhalten und letztlich über Mittel verfügen, ihre Zukunftschancen aus eigener Kraft zu verbessern.

SDG 8 – Dauerhaftes, inklusives und zukunftsfähiges Wirtschaftswachstum, produktive Vollbeschäftigung und menschenwürdige Arbeit für alle

Über eine Milliarde Menschen arbeiten in der Landwirtschaft. Der Agrarsektor beschäftigt weltweit ein Drittel aller Arbeitskräfte. Die Arbeitsbedingungen sind oft sehr prekär. Davon betroffen ist auch die Mehrheit der Handwerksproduzent:innen. Bäuer:innen müssen über solide Existenzgrundlagen und Beschäftigte über einen vertraglich gesicherten Arbeitsplatz verfügen. Dazu gehört ein stabiles und sicheres Einkommen, mit dem sie nicht nur überleben sondern sich entwickeln können. Außerdem muss Sicherheit am Arbeitsplatz gewährleistet sein. Dafür setzt sich der Faire Handel ein: Stabile Mindestpreise, ILO-Kernarbeitsnormen – wozu auch die Verhandlungsfreiheit gehört – Ausschluss ausbeuterischer Kinderarbeit, unbefristete Arbeitsverträge, Sicherheit am Arbeitsplatz etc.

SDG 12 – Nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster sicherstellen

Für nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster zu sorgen setzt voraus, dass Strategien und Marktstrukturen gefördert werden, die soziale Integration und wirtschaftliches Wohl innerhalb der planetarischen Grenzen begünstigen. Nachhaltigere Ergebnisse lassen sich erzielen, indem die vorbildlich agierenden Marktteilnehmer:innen belohnt werden und ein Ansporn für diejenigen geschaffen wird, die noch keine fairen und ökologischen Standards in ihr wirtschaftliches Handeln integriert haben.

Die Lösung findet sich in der geteilten Verantwortung: 1) durch eine gesetzlich verankerte Berichtspflicht für Unternehmen für ihre sozialökologische Verantwortung entlang der gesamten Lieferkette, 2) durch verbindliche Beschaffungsvorschriften für die öffentliche Verwaltung und 3) durch Anreize für Verbraucher:innen, ihr Einkaufsverhalten auf ökologische und faire Produkte umzustellen.

Der Faire Handel bringt bewusste Konsument:innen und Produzent:innen zusammen. Er macht vor, wie nachhaltige Wirtschaftspraktiken und Unternehmensverantwortung entlang der Lieferkette funktionieren und setzt sich durch Lobby- sowie Öffentlichkeitsarbeit für gerechte Handelspraktiken, eine Verbesserung der Spielregeln der globalen Wirtschaft, nachhaltigen Konsum, Unternehmensverantwortung und verantwortungsvolle öko-faire öffentliche Beschaffung ein.

SDG 13 – Umgehend Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels und seiner Auswirkungen ergreifen

Die sich immer mehr häufenden Überschwemmungen, die Veränderung der Regen- und Trockenzeiten, Regenausfälle und zunehmende Dürreperioden stellen eine spürbare Bedrohung u.a. für die landwirtschaftliche Produktion auf beiden Seiten der Erdkugel dar. Der Klimawandel ist bereits seit Jahren eine der großen Herausforderungen für den Fairen Handel und droht seine positiven Wirkungen zu torpedieren. Der Faire Handel spielt eine wichtige Rolle bei der Anpassung an den Klimawandel und dessen Bekämpfung. Im Fairen Handel wird technische Unterstützung bei der Anpassung an den Klimawandel geleistet, werden klimafreundliche Produktionsweisen gefördert und Beratung zum Aufbau nachhaltiger Anbaumethoden gegeben.

SDG 16 – Friedliche und inklusive Gesellschaften im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung fördern, allen Menschen Zugang zur Justiz ermöglichen und effektive, rechenschaftspflichtige und inklusive Institutionen auf allen Ebenen aufbauen

Von Beginn an hat sich der Faire Handel auf den Aufbau demokratischer Strukturen konzentriert. Die Produzent:innen werden ermutigt, Rechenschaft von ihren Organisationen einzufordern, lohnabhängig Beschäftigte von ihren Arbeitgeber:innen sowie Verbraucher:innen von Herstellern. Im Fairen Handel wird Empowerment großgeschrieben. Dazu gehört die Stärkung der Kapazitäten, die eigenen Interessen gegenüber Behörden und anderen Machtträgern zu vertreten sowie die eigenen Ziele auf nationaler und internationaler Ebene zu verfolgen.

SDG 17 – Umsetzungsmittel stärken und die Globale Partnerschaft für nachhaltige Entwicklung mit neuem Leben erfüllen

Die Machtverhältnisse entlang der Produktionskette sind ungleich verteilt. Produzent:innen und Beschäftigte sind oft vom Zugang zu globalen Märkten, von der Teilhabe am Marktwert sowie von fairer Entlohnung ausgeschlossen und haben kaum Mitsprache- und Mitgestaltungsmöglichkeiten bei politischen Prozessen, die sie direkt betreffen. Verbindlichen Regelungen für gerechten Handel für alle kommt eine wichtige Hebelfunktion bei der Umsetzung der internationalen Entwicklungsziele zu. Fair-Handels-Akteur:innen sind mit relevanten Stakeholdern sehr gut vernetzt und vertreten die Interessen der Kleinproduzent:innen auf der politischen Agenda.

Quellen: Fairtrade Deutschland, GEPA – The Fair Trade Company

Kurz-Videos zur Umsetzung einzelner SDGs von Fairtrade Deutschland

Umsetzung der SDGs in Hamburg

Zur Umsetzung der SDGs hat Hamburg im Juli 2017 eine Senatsdrucksache beschlossen. Darin heißt es zu Beginn: “Für den Hamburger Senat hat nachhaltiges Handeln schon seit vielen Jahren hohe Relevanz und Priorität. Die Regierungspolitik orientiert sich kontinuierlich am Prinzip der Nachhaltigkeit.” Der Faire Handel wird an mehreren Stellen, vor allem im Zusammenhang mit dem nachhaltigen Einkauf der Stadt, erwähnt. Soziale Aspekte, insbesondere unter dem Gesichtspunkt “Fair Trade”, sollen künftig neben ökologischen und natürlich auch ökonomischen Kriterien mit ausschlaggebend beim Einkauf von Produkten wie Möbeln oder Textilien sein.

Rahmenwerk für die Beschaffenden in Hamburg war bisher der Umweltleitfaden. Dieser deckt soziale Kriterien für einen nachhaltigen Einkauf nicht ausreichend ab. Einige Akteur:innen des Fairen Handels fordern Hamburg auf, die Produktgruppen des zukünftigen Nachhaltigkeitsleitfaden zu erweitern. Denn: ein nachhaltiger Einkauf geht weit über Möbel und Textilien hinaus.Eine ganzheitliche, nachhaltige Beschaffung ist nur dann umsetzbar, wenn es keine differenzierte Betrachtung zwischen ökologischer, ökonomischer und sozialer Nachhaltigkeit mehr gibt. Nur dann kann Hamburg authentisch die Agenda 2030 erreichen. So muss sich Hamburg zukünftig mit bekannten Risiken in komplexen Lieferketten stärker auseinandersetzen und kann diesen Risikien vorbeugen, indem zukünftig beim Einkauf auf strengere Vergabekriterien geachtet wird. Eine Selbsterklärung von Bieter:innen sollte dahingehend nicht mehr akzeptiert werden. Die Reform des Hamburger Vergabegesetzes (HambVg) muss unbedingt die vorhandene “SOLL”-Regelung in Bezug auf fair produzierte Waren in eine “MUSS”-Regelung umwandeln.

Das Nachhaltigkeitsforum Hamburg (NFH) begleitet und unterstützt den Prozess zur Umsetzung der globalen Nachhaltigkeitsziele in Hamburg. Es ist in dieser Rolle von der maßgeblich zuständigen Behörde für Umwelt, Energie, Klima und Agrarwirtschaft (BUKEA) im Jahr 2018 ins Leben gerufen worden. Über 30 Organisationen aus der breiten Zivilgesellschaft sind Mitglied im Nachhaltigkeitsforum. Im September 2022 hat das Nachhaltigkeitsforum eine Pressemitteilung veröffentlicht, in der es den Hamburger Senat auffordert, die Umsetzung der 17 UN-Nachhaltigkeitsziele in Hamburg ambitionierter zu verfolgen.
17 Ziele im Fokus: Blogbeitrag zur Nachhaltigkeit von Christine Prießner (Okt 2022)
Pressemitteilung des Nachhaltigkeitsforums: Halbzeit für die UN-Nachhaltigkeitsziele
Drucksache: Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen in Hamburg