Faire Lieferketten für die Energiewende

Inspirierende Veranstaltung am 23. März in der Handwerkskammer

Im Rahmen unserer Dialogreihe „Zukunft fairhandeln & neu denken“ haben wir über faire Lieferketten im Energiesektor diskutiert. Der Angriffskrieg gegen die Ukraine hat verdeutlicht, wie abhängig wir von globalen Lieferketten – gerade im Energiesektor – sind. Doch nicht nur die Abhängigkeit von (fossilen) Energieträgern gerät zunehmend in den Fokus. Auch die Bedingungen, unter denen Rohstoffe wie Steinkohle und Uran abgebaut werden, stehen immer mehr in der Kritik. Regenerative Energieanlagen und Elektroautos – Hoffnungsträger der Energiewende – verbrauchen beim Betrieb zwar keine Ressourcen, für den Bau werden jedoch seltene Erden sowie verschiedenste Metalle benötigt.

Thematisch in den Abend eingeführt hat Kai Hünemörder, Leiter des Zentrums für Energie-, Wasser- und Umwelttechik der Handwerkskammer Hamburg. Durch die Veranstaltung geleitet hat unsere Kampagnen-Botschafterin, die Schauspielerin & Moderatorin, Andrea Gerhard.

Zu Beginn gab es drei spannende Impulse:

Mit beeindruckenden Bildern von seinen Bergbaureisen im Gepäck, hat Jan Spille vier Konzepte vorgestellt, mit denen Lieferketten im Bergbau nachhaltiger & fairer gestaltet werden können: Fairmined Eco Gold + Silber, Fairtrade Gold + Silber, Elbe Gold & Recycling Gold). Den Lieferketten ein Gesicht zu geben, sieht er als wichtigen Auftrag von Jan Spille-Schmuck an. Als er das Unternehmen vor 20 Jahren gegründet hat, habe sich kaum jemand dafür interessiert. Im Laufe der Jahre sei die Nachfrage erfreulicherweise erheblich gestiegen.

Jan Spille, Jan Spille-Schmuck
Julia Albrecht, PowerShift

Julia Albrecht von der Nichtregierungsorganisation PowerShift hat erläutert, warum wir nicht nur eine Energie-, sondern auch eine Rohstoffwende brauchen. Sie kritisiert, dass in der aktuellen Rohstoffpolitik der Bundesregierung ein großer Fokus auf der Versorgung liegt und Menschenrechte nur eine untergeordnete Rolle spielen. In der neuen Rohstoffstrategie, mit der Deutschland unabhängiger von China werden, will, sieht sie eine Chance. Diese müsse nun aber auch genutzt werden.

Markus Dietmannsberger, Leiter des Projektes zur Umstellung der Dieselbusflotte auf emissionsfreie Antriebe bei der Hamburger HOCHBAHN, hat ganz klar verdeutlicht, dass wir fairere Lieferketten nur erreichen, wenn wir auch bereit sind, dafür zu bezahlen und uns trauen neue Wege zu gehen. Als öffentliches Unternehmen und als zweitgrößtes Verkehrsunternehmen in Deutschland trage die HOCHBAHN eine gesellschaftliche Verantwortung, die sie gerne wahrnehme. Der Bussektor sei im Vergleich zum Pkw-Sektor jedoch sehr klein, die Wirkungsmacht daher gering. Daher brauche es verpflichtende Kriterien für alle.

Markus Dietmannsberger, Hamburger HOCHBAHN

Im Anschluss an die verschiedenen Impulse, haben wir darüber diskutiert, wie eine faire Energiewende gelingen und Lieferketten nachhaltiger gestaltet werden können. Dabei ging es auch darum, was eine Rohstoffwende genau bedeutet. Wie gehen wir mit Rohstoffen um? Worein investieren wir? Als “große Player” wurden Lithium, Nickel, Mangan, Kobalt, Kupfer & Graphit für Batterien sowie seltene Erden für Motoren und Stahl & Aluminium für Windkraftanlagen identifiziert. Der Bedarf an all diesen Rohstoffen wird in der Zukunft steigen. Vor allem der Abbau von Lithium, mitunter auch als “weißes Gold” bezeichnet, steht oft in der Kritik. Lithium wird laut Julia jedoch häufig politisiert, um gegen Elektromobilität zu argumentieren. Die Abbaubedingungen seien schlimm, jedoch nicht wesentlich schlimmer, als bei anderen Rohstoffen. Es sei wichtig sich ein umfassendes Bild zu machen.

Die Bedeutung einer Kreislaufwirtschaft wurde immer wieder aufgegriffen. Julia hat betont, dass Batterien von Anfang an so produziert werden müssen, dass sie dem Kreislauf am Ende auch wieder zugeführt werden können. Es dürfe kein Abfall entstehen. Stattdessen sollten Hersteller in die Pflicht genommen werden, Produkte so zu designen, dass sie wiederverwendet werden können.

Zertifizierungen und damit verbundene Nachweisführungen wurden von Jan als wichtig und notwendig angesehen, manchmal wünscht er es sich jedoch etwas weniger bürokratisch. Der Dokumentationsaufwand sei riesig, eine Verschlankung käme ihm sehr entgegen. Auch über das Lieferkettengesetz und seine Auswirkungen für Unternehmen und Produzent:innen wurde rege diskutiert. Für wen soll das Gesetz gelten? Wie lässt es sich in der Praxis umsetzen? Wie kann garantiert werden, dass die Menschen am Anfang der Lieferkette davon profitieren?

Für alle Waren und Dienstleistungen, die die HOCHBAHN beschafft, muss von den Herstellern seit 2019 ein sogenannter “Code of Conduct” unterschreiben werden. Risikoprodukte wie Elektrobusse werden noch einmal extra betrachtet. Die Reaktion der Hersteller fällt Markus zufolge sehr unterschiedlich aus. Die meisten Hersteller seien jedoch froh, dass die HOCHBAHN nachfragt, da dies die internen Nachhaltigkeitsprozesse der Unternehmen verstärke.

Deutlich wurde in der Diskussion auch: Es ist nicht alles schwarz-weiß, vieles muss man gut abwägen: Für den Ausbau der U5 z.B. fallen viele CO2-Emissionen an. Damit sich dies klimamäßig “lohnt”, müsse man die U-Bahn viele, viele Jahre betreiben. Ein anderes Beispiel ist die Diskussion Wasserstoff vs. Batterie. An Wasserstoff werden wir laut Markus nicht vorbei kommen und für bestimmte Anwendungen (Schiffe, Flugzeuge) sei Wasserstoff sehr sinnvoll, v.a. wenn keine Alternativen da sind. Für Busse eigneten sich jedoch eher Batterien.

Aus dem Publikum kam der Hinweis, dass die Hamburger HOCHBAHN aktuell in der Doku-Serie der ARD “Wir können auch anders” mit Bjarne Mädel & Anke Engelke zum Thema “Besser unterwegs” zu sehen ist. Das Video teilen wir an dieser Stelle gerne mit euch:

Vielen Dank an alle Beteiligten für die tolle Veranstaltung!

Fotos: Fair Trade Stadt Hamburg/Kati Jurischka