Fair. Und kein Grad mehr! Klimagerechtigkeit und Fairer Handel – Wie machen wir Ernährung zukunftstauglich?
Die Klimakrise ist in mehrfacher Hinsicht ungerecht. Während der Globale Norden sowohl historisch gesehen als auch aktuell hauptverantwortlich für die Klimakrise ist, sind die meisten Menschen hierzulande bisher weniger von ihren Folgen betroffen. Darüber hinaus verfügt der Globale Norden über Mittel, sich gegen die Folgen der Klimakrise zu schützen oder Schäden zu beseitigen. Länder und Akteure im Globalen Süden haben diese Möglichkeiten in der Regel nicht, während sie gleichzeitig schon viel heftiger über die Jahre von den Folgen der Klimakrise betroffen sind. Die Klimakrise ist somit nicht nur eine ökologische, sondern auch eine soziale und ökonomische Krise und ein Ausdruck ungleicher Machtverhältnisse.
Unter dem Motto „Fair. Und kein Grad mehr!“ eröffnete die Fair Trade Stadt Hamburg die Faire Woche mit einer Podiumsdiskussion im Rahmen des 1. Hamburger Foodfestivals „Open Mouth“. Zu Gast waren Isabel Tadmiri und Suganthi Thangavelu der indischen Erzeugergemeinschaft Last Forest mit Sitz in Kotagiri im Herzen des Nilgiri-Gebirges in Süd-Indien. Last Forest vermarktet als sozial engagiertes Unternehmen lokale Wald- und Agrarprodukte wie Honig für 45 Produzent:innengruppen und 150 Dorfgemeinden. Isabel und Suganthi berichten, dass Änderungen des Klimas und der vegetativen Kreisläufe in ihrer Heimat bereits normal sind und sich kaum jemand noch darüber wundert. Durch veränderte Landnutzung rücken die Lebensräume von Menschen und Wildtieren immer näher zusammen. Suganthi sagt, der Anbau von Hirse statt Reis sei eine Möglichkeit, mit dem veränderten Niederschlag und längeren Trockenzeiten umzugehen. Frauen und Ältere in Entscheidungen einzubeziehen, sei Tradition in Kotagiri. Dies führe oft zu nachhaltigeren Lösungen.
Weitere Impulsgeber:innen beim Hamburger Auftakt der Fairen Woche 2023 sind Matthias Fiedler (Forum Fairer Handel e.V.), Judith Meyer Kahrs (Nordkirche), Andrea Nunne (Grüne, MdHB), Baris Önes (SPD, MdHB) und Marianus von Hörsten (Restaurant Klinker). Nachdem Judith in einem kurzweiligen Vortrag wichtige Kipppunkte der Klimakrise herausstellte, gingen die Podiumsteilnehmer:innen der zentralen Frage nach: „Wie machen wir Ernährung zukunftstauglich?“. Moderiert wurde das Gespräch von Kampagnenbotschafterin Andrea Gerhard. Viele Aspekte wurden angesprochen, wir haben für euch einige Fakten, Meinungen und Handlungsempfehlungen zusammengefasst:
- Ohne Handelsgerechtigkeit kann es keine Klimagerechtigkeit geben. Was zusammengehört, können wir auch nur zusammen lösen!
- 25-37% aller globalen klimaschädlichen Emissionen fallen durch Landwirtschaft und Ernährung an. 11 Mio. Tonnen an Lebensmitteln wandern in Deutschland jährlich in die Tonne.
- Zukunftstaugliche Ernährung funktioniert durch weniger Fleisch, mehr Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte und möglichst bio-regional+fair angebaute Lebensmittel. Denn ökologischer Landbau schützt Böden, Tiere, Wasser und das Klima und damit unsere Lebensgrundlagen und unsere Gesundheit heute und in Zukunft.
- Klimagerechtigkeit bedeutet auch die Bereitschaft, unsere Privilegien zu hinterfragen: Bei der Prävention von umweltbezogenen Belastungen müssen soziale Ungleichheiten mitgedacht werden.
- Klimagerechtigkeit heißt, Verantwortung übernehmen, Position beziehen und sich politisch einmischen, damit diese Welt ein lebenswerter Ort für alle ist.
- Über Bildung werden wichtige Informationen transportiert, aber die meisten werden es in ihrem Alltag doch nicht umsetzen. Wir müssen die Rahmenbedingungen der Lieferketten ändern.
- Die Stadt Hamburg kauft jährlich für ca. 300 Mio € ein. Damit bei der Beschaffung öko-soziale Leitlinien berücksichtigt werden, müssen die Einkäufer:innen der Stadt dazu geschult werden.
- Keine Angst vor neuen Gesetzen. Bürgerräte sind eine bislang noch wenig angewendete Methode, gesellschaftliche Konsense herzustellen und nachhaltige politische Beschlüsse zu erwirken.
Wir danken allen Beteiligten für die Mitwirkung an der Veranstaltung. Fair. Und kein Grad mehr! Dafür braucht es uns alle!
Fotos: Kati Jurischka