Debatte über Fair-Trade-Stadt-Kampagne in der Bürgerschaft

Im September 2022 ist unsere Kampagne “Hamburg, mach dich Fair!” ein Jahr alt geworden. Aus diesem Anlass hat die Hamburgische Bürgerschaft in ihrer Sitzung am 6. Oktober 2022 über den Stand der Kampagne debattiert. Grundlage der Debatte war ein von uns eingereichter Zwischenbericht, die sogenannte “Drucksache 22/9435”.

Zwischenbericht zur Kampagne inkl. Bewertung der Senatskanzlei (Drucksache 22/9435)

Video der Debatte zur Fair-Trade-Stadt-Kampagne

Redebeiträge

Alle in der Bürgerschaft vertretenen Parteien hatten die Möglichkeit sich zur Kampagne sowie allgemein zum Thema Fairer Handel zu äußern.

“Die Idee des Fairen Handels ist für eine nachhaltige Entwicklung unerlässlich.” (Iftikhar Malik, SPD)

Der SPD-Abgeordnete Iftikhar Malik warf den Blick zunächst auf das “Große Ganze” und erläuterte, dass ein gerechter Welthandel einen Wandel im globalen Handelssystem voraussetze. Die Idee des Fairen Handels sei für eine nachhaltige Entwicklung unerlässlich. Fair Trade sieht er nicht als „Nice to have“ oder als neue Lifestyle-Idee an, sondern vielmehr als wirksamen Prozess auf dem Weg zu einer globalen Handels- und Klimagerechtigkeit, bei dem Produkte nach der Einhaltung von Umwelt- und Menschenrechtsstandards bewertet werden. Durch die Finanzierung der Kampagne konnte seiner Ansicht nach bereits im ersten Jahr eine breite Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit realisiert werden.

Auch die GRÜNEN-Abgeordnete Zohra Mojadeddi bezeichnete den Fairen Handel als wichtigen Beitrag, um unsere Ziele für eine nachhaltige Zukunft zu erreichen. Der Faire Handel zeige in der Praxis, dass eine gerechtere Welt keine Illusion, sondern möglich sei. In ihrer Rede ging sie darauf ein, dass, als die Finanzierung der Kampagne beschlossen wurde, die COVID-19-Pandemie das größte Problem darstellte. Mittlerweile ständen wir mit dem Ukrainekrieg und den gravierenden Auswirkungen auf die Energie- und Lebenshaltungskosten weltweit vor ganz neuen Herausforderungen. Alle Krisen wiesen jedoch den gleichen Weg: Wir müssten umdenken. Durch die Finanzierung der Kampagne sei bereits im 1. Jahr sehr viel erreicht worden, was ansonsten nicht möglich gewesen sei. Jetzt heißt es ihrer Meinung nach “dran bleiben”.

“Alle Krisen weisen den gleichen Weg: Wir müssen umdenken.” (Zohra Mojadeddi, GRÜNE)

“Krieg, Ressourcenknappheit, ökologische und ökonomische Herausforderungen verlangen, dass mit Augenmaß agiert wird.” (David Erkalp, CDU)

Der CDU-Abgeordnete David Erkalp erläuterte, dass seine Partei einen “radikalen Wandel im globalen Handelssystem” – wie er im Zwischenbericht gefordert wird – klar ablehne. Trotzdem bedeute Wirtschaftswachstum jedoch nicht immer blindes ungesteuertes Wachstum um jeden Preis. Krieg, Ressourcenknappheit, ökologische und ökonomische Herausforderungen, verlangten natürlich, dass mit Augenmaß agiert werde und Produkte, wo es möglich sei, fair gehandelt, fair angeschafft und auch fair beworben werden sollten. Im Zuge dessen unterstütze die CDU-Fraktion das Bestreben des Senats durch die Kampagne auf alternative Bezugsquellen hinzuweisen und sie auch aktiv zu bewerben.

David Stoop (DIE LINKE) unterstützte die Förderung der Kampagne grundsätzlich, wünschte sich jedoch mehr Ernsthaftigkeit in der Auseinandersetzung. Wenn die Stadt Kampagnen finanziere, in der Sportvereine und Unternehmen aufgefordert werden, faire Produkte zu kaufen, solle dies auch im Rahmen der städtischen Beschaffung konsequent umgesetzt werden. Zudem wies er auf zwei mögliche Fallstricke hin. Zum einen bestehe die Gefahr, dass Fairer Handel als Marketing-Strategie verkomme und die Handelsbeziehungen nicht effektiv ändere. Zum anderen dürfe Fairer Handel nicht als individuelle Aufgabe und als Marktentscheidung verstanden werden. In diesem Zusammenhang verdeutlichte er, dass es eine “soziale Grenze” für faire Produkte gebe, da viele Menschen aufgrund der höheren Preise nicht über eine Entscheidungsmöglichkeit verfügen. Am Ende seiner Rede sprach er den Wunsch aus, dass Aspekte des Fairen Handels auch in anderen Kampagnen der Stadt eine Rolle spielen und nannte als Beispiel hierfür die anstehende Fußball-WM der Männer in Katar.

“Fairer Handel darf nicht als individuelle Aufgabe und Marktentscheidung verstanden werden.” (David Stoop, DIE LINKE)

“Als Senat, aber auch mit unseren öffentlichen Unternehmen, haben wir eine Vorbildfunktion.” (Dr. Andreas Dressel, Senator)

Nach den Beiträgen der Abgeordneten meldete sich der Finanzsenator, Dr. Andreas Dressel, zu Wort. Er erläuterte, dass der Senat, auch mit seinen öffentlichen Unternehmen, eine Vorbildfunktion innehabe, vor allem was das Thema öffentliche Beschaffung angehe. In diesem Zusammenhang ging er auf die Überarbeitung des Umweltleitfadens hin zum Nachhaltigkeitsleitfaden und die nachhaltige Arbeitskleidung der Stadtreinigung ein. Letztere konnte er bei einer Modenschau zur Eröffnung der Fairen Woche selbst begutachten. Weiterhin betonte er, dass es wichtig sei, dass das Thema im Zeichen der Energiekrise nicht “unter die Räder kommt” und die Stadt ihren Auftrag weiter ernst nehmen müsse.

Wir möchten uns an dieser Stelle für den Zuspruch, die Unterstützung und die verschiedenen Impulse ganz herzlich bedanken!

Vor allem mit den konstruktiven Anmerkungen von David Stoop (DIE LINKE) zu den beiden genannten Fallstricken und seinem Appell politischer zu werden, werden wir uns auseinandersetzen.

Besonders gefreut haben wir uns über folgende Aussagen:

“Wenn wir wirklich Teil eines sozial-ökologischen Wandels sein wollen, dann geht das Anliegen über Kampagnen, über Aktionen und über Veranstaltungen hinaus. Es geht auch um Verbindlichkeiten.” (Iftikhar Malik, SPD)

 

“Durch konsequente, zielgenaue Kampagnenarbeit und Projektmanagement hat das Fair-Trade-Team erfolgsversprechende Impulse für die nächsten Jahre gesetzt. Daran sollte Hamburg anknüpfen, indem sich die Stadt über 2023 hinaus für einen gerechteren Welthandel einsetzt und die Kampagne „Hamburg, mach dich Fair!“ weiter finanziell und ideell unterstützt.” (Zohra Mojadeddi, GRÜNE)

 

“In dem Sinne freuen wir uns auf weitere Initiativen aus der Bürgerschaft und werden diese auch weiter beherzt umsetzen.” (Dr. Andreas Dressel, Finanzsenator)

* Ach so, von der AfD hat natürlich auch jemand gesprochen. Hier zitieren wir gerne Senator Dressel: “Eigentlich will man ja gar nicht auf AfD-Beiträge eingehen […] Sie hätten bei diesem Thema lieber geschwiegen” und sparen uns weitere Kommentare.