Kaffee, Schmuck, Textilien: Hamburg fairWandeln – Ein Rundgang in Ottensen

Am Samstag, dem 25. Mai trafen sich die 17 Teilnehmenden zum Rundgang auf der Suche nach Orten des Fairen und solidarischen Handels in Ottensen. Begleitet wurden sie von Domi Just, Bildungsreferent:in der W3, Mareike Groß, freie Bildungsreferentin bei hamburg mal fair und Lukas Tödte, Kampagnenkoordinator der Fair Trade Stadt Hamburg. Der Rundgang fand in ähnlicher Konstellation in Kooperation der drei Organisationen bereits zum zweiten Mal statt.

Der Hintergrund: Weltweit sind die Produktions- und Lieferketten der meisten (Konsum-)Produkte von Ausbeutung und Ungleichheit geprägt. Fairer Handel kann hier als Konzept fungieren, welches sich für die Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen entlang globaler Wertschöpfungsketten einsetzt. Doch während sich der Faire Handel mit Lebensmitteln zunehmender Beliebtheit erfreut, hat sich diese Entwicklung in anderen Branchen noch nicht durchsetzen können. Zum Beispiel stammt nur höchstens ein Prozent der in der Schmuckbranche verwendeten Materialien aus fairer Produktion. Zudem bringt die Zertifizierung erhebliche finanzielle Hürden mit sich, die insbesondere für kleinere Kooperativen in Ländern des Globalen Südens eine Herausforderung darstellen.

Nach einer kurzen Begrüßung auf dem Alma-Wartenberg-Platz und einer Einführung in die Thematik durch die drei Referent:innen machte sich die Gruppe auf den Weg, zunächst zur Goldschmiede Jan Spille, eine Vorreiterin auf dem Gebiet der nachhaltigen und fairen Schmuckproduktion. In ihrem kleinen Laden bietet das Team handgeschmiedete Schmuckstücke, vor allem aus Gold und Silber. Sina und Nareh, Teil des Teams von Jan Spille, führten in die Herausforderungen fairer Schmuckproduktion ein und gaben den Teilnehmenden einen Einblick in die komplexen Lieferketten. Die verschiedenen Metalle für die Schmuckherstellung werden über ausgesuchte Kooperativen beschafft, die Goldschmied Jan Spille persönlich besucht. Das Gold ist u.a. mit dem Fairmined Gütesiegel versehen. Dieses Siegel steht für verantwortungsvollen Bergbau unter möglichst umwelt- und sozialverträglichen Bedingungen. So wird u.a. der Einsatz von giftigen Chemikalien, wie z.B. Quecksilber und Cyanid ausgeschlossen, sowie der CO2-Emissionsausstoß und der Wasserverbrauch reduziert, während die Auswirkungen des Bergbaus mit umfassenden Renaturierungsmaßnahmen abgefedert werden.

Zum Abschluss war Basti vom Kaffeekollektiv la gota negra zu Gast im naheliegenden Saal der W3_. In Kooperation mit dem Kollektiv Aroma Zapatista importiert la gota negra Kaffee von widerständigen Gemeinden in Kolumbien, Mexiko und Ecuador in langfristigen und direkten Handelsbeziehungen. So sollen auch autonome Organisationsformen wie die der Zapatistas unterstützt werden, eine indigene Widerstandsbewegung, die seit 1994 im mexikanischen Bundesstaat Chiapas eine sogenannte „andere Regierung“ und „alternative Gesellschaftsweise“ anstrebt und sich wirtschaftlich unter anderem auf den Export von Kaffee stützt. Die Kaffee-Kooperativen legen den Preis für den Rohkaffee selbst fest, der deutlich über dem Weltmarktpreis und auch über dem Fairtrade Preis liegt. La gota negra ist in engem Austausch mit den Kooperativen und besucht diese regelmäßig. So können durch den Aufbau solidarischer Vertrauensbeziehungen auch ohne Siegel ökologische und soziale Produktionsbedingungen sichergestellt werden. Das Kollektiv garantiert ihnen feste Abnahmemengen und unterstützt die Gemeinden auch durch Vorfinanzierung. Nach einem spannenden Austausch über die partnerschaftliche Kooperation zwischen dem Hamburger Kollektiv und den produzierenden Gemeinden konnten wir gemeinsam solidarisch gehandelten Kaffee verkosten.

Anschließend steuerte die Gruppe den Weltladen Ottensen an, der ein breites Sortiment an fair produzierten Waren führt, von Kaffee und Schokolade über diverse Textilien bis hin zu Dekoartikeln, Getränken und Lebensmitteln. Der Weltladen wird durch eine Genossenschaft getragen. Die Mitglieder ermöglichen durch den Kauf von Anteilen finanziell das Geschäft des Ladens, dessen täglicher Betrieb vor allem über ehrenamtliches Engagement ermöglicht wird. Aktuell werden händeringend weitere Ehrenamtliche gesucht, die Interesse haben, sich für eine offene, transparente, ökologische und nachhaltige Form des Wirtschaftens zu engagieren. „Ob im Verkauf oder der Informations- und Öffentlichkeitsarbeit – die Möglichkeiten, in unserem Team mitzumachen sind vielfältig und lassen sich bestimmt auch in deinen Alltag integrieren!“, lautet der Aufruf auf der Website des Ladens. Michael vom Weltladen führte die Teilnehmenden durch das Geschäft. Im gemeinsamen Gespräch wurden auch die Herausforderungen für das Konzept Weltladen in der Zukunft thematisiert, welches insbesondere mit dem Online Shopping und der steigenden Verfügbarkeit von fairtrade-zertifizierten Produkten in Discountern konkurriert.

In einer abschließenden Phase der Gruppenarbeit befassten sich die Teilnehmenden mit den Fragen, wie die einzelnen Geschäfte und Kollektive solidarische und zukunftsfähige Alternativen zum gegenwärtigen Wirtschaftssystem fördern, welche Unterschiede deutlich werden und welche Herausforderungen sich aus den jeweiligen Ansätzen ergeben. Insgesamt war der Rundgang sehr ermutigend, zeigte er doch auf, dass eine gerechte und solidarische Wirtschaftsweise zumindest im Kleinen bereits existiert – und zwar direkt in der Nachbarschaft.

Fotos: Lukas Tödte (Fair Trade Stadt Hamburg), Domi Just (W3)